Deutscher Strommarkt: Kohleboom und sinkende Erzeugerpreise

© Wikipedia/ Markus Schweiß

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Die Stromerzeugung aus Braunkohle liegt voll im Trend. Immer wieder gehen neue Kohlekraftwerke ans Netz und auch die ganz alten und nicht gerade umweltfreundlichen Anlagen bleiben in Betrieb. Schlecht für die Umwelt, schlecht für das Image Deutschlands als Vorreiter bei der Energiewende und auch nicht besonders gut für die Verbraucher, denn auch wenn der Strompreis auf dem Großhandelsmarkt seit 2010 um 32 Prozent eingebrochen ist, wird dieser Rückgang nicht an die Kunden weitergegeben. Vielmehr versuchen die Versorger damit ihre in den letzten Jahren vermehrt aufgelaufenen Verluste auszugleichen und bauen mit diesem Geld natürlich auch immer neue Braunkohlekraftwerke. Und trotz der milliardenschweren Förderung der erneuerbaren Energien erreichte die klimaschädliche Produktion bei der Braunkohleverstromung 2013 den höchsten Wert seit 1990.

Sinkende Erzeugerpreise (2013: Minus 19 % auf 36,80 Euro je Megawattstunde) sollten für die Verbraucher eigentlich eine gute Nachricht sein, aber die Versorger geben diese bislang noch nicht in Form von sinkenden Strompreisen an die Kunden weiter. Der Preis am Strom-Markt wird vor allem von der Rekord-Produktion von Energie aus der Sonnen- und Windkraft beeinflusst. Auch die stark sinkende Nachfrage lässt den Preis nach unten sinken und neu ans Netz gehende Kohlekraftwerke ermöglichen noch mehr Kapazitäten bei der Braunkohleverstromung. Laut dem Handelsblatt gab die Investmentbank Bryan Garnier & Co. in Paris folgende Einschätzung: „Die Ausweitung der Erzeugungskapazität wird zu einem Angebot von 17 Prozent über der Spitzennachfrage führen.“ Ein Grund für immer mehr Braunkohlekraftwerke ist auch der Kohlepreis, der sich seit 2009 auf einem rekordverdächtig niedrigen Niveau bewegt.

In Deutschland steigt die Erzeugungskapazität also weiter, während die Nachfrage sinkt. Kompensiert wird dies mit einem rekordverdächtigen Export an Strom. Allein 2013 wurden rund 33 Milliarden Kilowattstunden ins Ausland geliefert. Der Strommarktfachmann Patrick Graichen sagte laut taz.de: „Deutschland hat 2013 an acht von zehn Tagen mehr Strom exportiert als importiert. Das ist zu einem Großteil Strom aus Braun- und Steinkohlekraftwerken.“ Das bringt den Erzeugern zwar gutes Geld ein, aber es verdrängt auch die umweltfreundlicheren Gaskraftwerke sowohl im Aus- als auch im Inland. Im vergangenen Jahr sank die Produktion aus Gaskraftwerken dramatisch um 10 auf 66 Milliarden Kilowattstunden. Und die nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima beschlossene Abschaltung von acht Atomkraftwerken wird fast ausschließlich von Kohlekraftwerken kompensiert. Der Betrieb von CO2-ärmeren, aber in der Bewirtschaftung teureren Gaskraftwerken rechnet sich kaum noch. Hier muss die Politik dringend nachjustieren.

Das Problem ist vor allem, dass der Ausstoß von Kohlenstoffdioxid momentan für die Verursacher richtig billig ist. Energieexperte Graichen sagte dazu: „Der europäische Markt für Emissionsrechtezertifikate muss dringend repariert werden, um das zu ändern.“ Hauptknackpunkt für den Experten ist die hohe Anzahl an Emissionsrechten. Diese müsste zurückgefahren werden, um den CO2-Preis für die Unternehmen wieder zu erhöhen. Hier liegt die Verantwortung nun beim neuen Energieminister Sigmar Gabriel (SPD). Gerald Neubauer von Greenpeace fordert: „Er muss den schockierenden Kohleboom stoppen. Das ist die gravierendste Fehlentwicklung bei der Energiewende, die die deutschen Klimaschutzziele stark gefährdet. Der Kohleboom gefährdet inzwischen auch international die Glaubwürdigkeit Deutschland bei Klimaschutz und Energiewende.“

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