Wer hat an der Uhr gedreht? Die Zeitumstellung naht

Am 29. Oktober ist es wieder so weit: In Deutschland drehen alle am Rad – bzw. an der Uhr. Dabei ist die Zeitumstellung als vermeintliche Stromsparmaßnahme längst in der Kritik absolut überflüssig zu sein. Doch stimmt das? Wozu dann der ganze Aufwand?

Kommenden Sonntag werden Punkt 3 Uhr nachts die Uhren um eine Stunde zurückgestellt auf 2 Uhr. Netterweise findet das stille Spektakel wie immer mitten in der Nacht und an einem Wochenende statt. Die meisten Menschen verschlafen das Ganze und freuen sich – zumindest jetzt in der Wintersaison – eine Stunde länger schlafen zu dürfen. Doch für viele andere bedeutet es eine Menge Aufwand. Züge, Flugzeuge und ähnliche logistische Unternehmungen müssen ihre Zeitpläne neu anpassen, denn nicht alle Länder beteiligen sich an dem Trick mit der Uhrzeit.

 

Eine Frage der Zeit

Die Zeitumstellung ist eigentlich ein Relikt aus dem ersten Weltkrieg und rühmt sich damit nicht gerade eine moderne Wissenschaft zu sein. Damals galt das Ziel Strom zu sparen als Prämisse. Der Strom wurde vermehrt für die Kriegswirtschaft benötigt, private Haushalte mussten im Gegenzug kürzer treten. So wurde im Sommer, wo es ohnehin länger hell ist, eine Stunde einfach „weggeknipst“ und im Winter wieder eingebunden. Nach Kriegsende stellten die meisten Länder wieder auf Normalmodus um – bis der nächste Ansturm kam. Auch im zweiten Weltkrieg setze man auf die Zeitumstellung als Stromsparmaßnahme und kehrte im Anschluss vielerorts zurück zur Normalität. Als nächsten Anlass nahm man die Ölkrise, um Sommerzeit und Winterzeit wieder einzuführen. In den 70er Jahren hatte man sich schon beinah dran gewöhnt. Deutschland folgte 1980 und ab 1996 war der politisch bedingte Jahreswechsel in der gesamten EU etabliert.

Die Gründe waren bis dato nicht gerade vielseitig:

  1. Strom sparen im Sommer: Eine Stunde mehr Tageslicht sollte den Verbrauch reduzieren
  2. Länderübergreifende Anpassung: Alle machen mit, um den Binnenmarkt zu stabil zu halten

 

Was bringt uns dieser Uhrentick?

Rein vom Energieumsatz ausgehend – nichts. Für den einzelnen Stromverbraucher ist durch die Zeitumstellung keine Veränderung der Stromkosten zu bemerken. Weshalb auch so viele gegen diese Maßnahme sind. Zwar scheint sie nett gemeint, bringt jedoch jedes Mal aufs Neue den kompletten Rhythmus durcheinander. Als hätte man einen Jetlag nach einer langen Flugreise. Und weder Kinder noch Tiere haben für solchen Firlefanz Verständnis. Die Meute steht ja trotzdem beim ersten Morgengrauen schon Spalier, ganz gleich ob die Uhr nun 5 oder 6 Uhr anzeigt. Auch Schichtarbeiter, Patienten und international tätige Personen haben so manche Probleme durch die ständig wechselnde Uhrzeit.

Bedenkt man die Komplexität des Energieverbrauchs kann die Zeitumstellung auch gar nicht viel bewirken. Zwar mag der geringere Einsatz von künstlichem Licht tatsächlich in manchen Haushalten stattfinden, doch dem entgegen steht ein erhöhter Verbrauch an Heizkosten, Ofen statt Grill, Fernseher, im Sommer laufen dafür die Klimaanlagen umso mehr, usw…

Moderne Leuchtmittel wie Energiesparlampen und LEDs machen es zusätzlich schwierig überhaupt einen Effekt zu bemerken, ob sie nun eine Stunde mehr oder weniger in Betrieb sind. Nach Angaben des Bundesverbands für Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) verbrauchen wir an den sonnigen Sommertagen geringfügig weniger Strom für Licht, dafür mehr für Freizeitaktivitäten. Im Vergleich zum ersten Weltkrieg sind auch ein paar mehr Geräte im Einsatz, die Strom verbrauchen: Kaffeemaschinen, Waschmaschinen, Geschirrspüler, Staubsauger, Computer, Telefone, …

„Die deutsche Energiewirtschaft kann seit Jahren keine Sparwirkung durch den Dreh am Zeiger erkennen“ so der Bundesverbands für Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW)

 

Muss ich da mitmachen?

Funkuhren, Smartphones, Fernseher, öffentliche Uhren – sie alle vollziehen die Zeitumstellung ohne dass man darauf Einfluss nimmt. Man hat also nicht wirklich eine Wahl. Und doch wird mit jeder neuen Saison der Protest lauter. Eine YouGov-Umfrage, die vom Energiekonzern E.ON beauftragt wurde, ergab dieses Jahr, dass rund 70 Prozent der Deutschen der Meinung sind, es sei Zeit die Zeitumstellung abzuschaffen.

„Die Zeitumstellung führt zu keiner spürbaren Einsparung von Energie“, sagt auch Robert Hienz, Geschäftsführer der E.ON Energie Deutschland.

Allerdings ist die Abschaffung der Zeitumstellung nicht allein eine deutsche Debatte. Obgleich das 1. Argument (Strom sparen) längst widerlegt ist, hält sich hartnäckig Argument Nr. 2: Die Stabilität des EU-Binnenmarktes. Würde jeder Mitgliedsstaat andere Zeiten haben, gäbe es für zahlreiche Transaktionen ein heilloses Durcheinander. Die internationalen Diskrepanzen sind da mehr als genug. Solange sich also nicht alle EU-Länder gegen die Zeitumstellung aussprechen, werden wir wohl weiter unsere beiden Zeit-Jahreszeiten behalten „dürfen“.

Weitere Artikel

Letzter Post

Letzte Kommentare

stromtarife-vergleich.net

Stromtarife-vergleich.net bietet Ihnen News rund um Energie, Ökologie und Strompreisen.

Vergleichen Sie aus hunderten Stromanbietern für Ihre Region und sparen Sie jeden Monat bares Geld durch unseren kostenlosen Stromrechner.

Back to Top