Strompreis-Reform nimmt Gestalt an: Osten und Norden sparen, NRW zahlt drauf

In Nordrhein-Westfalen ist die Wirtschaft empört, in Ost- und Norddeutschland dagegen amtet man langsam auf. Der Grund: Die Debatte um die Strompreis-Reform hat eine neue Richtung eingeschlagen. Künftig sollen die Nutzentgelte bundesweit angeglichen werden. Was für die einen Entlastung bedeutet, geht natürlich auf Kosten der anderen.

Bislang galten die Strompreise in Ostdeutschland als besonders hoch. Welche Rolle dabei die Kostenbeiträge durch Nutzentgelte spielen, hatten wir bereits im Frühjahr unter die Lupe genommen. Grundsätzlich geht ein Viertel der Stromrechnung zurück auf diese Entgelte. Sie fallen dafür an, dass die Übertragungsnetz-Betreiber die Stromversorgung verteilen.

 

Die großen Vier

Nach wie vor ist die Bundesrepublik in vier Regelzonen aufgeteilt, die von je einem der großen Übertragungsnetz-Betreiber beliefert werden:

 

Deutschlands Regelzonen mit Übertragungsnetzbetreiber

  • Amprion
  • Tennet
  • 50Hertz
  • TransnetBW

 

Jeder dieser Anbieter verlangt unterschiedliche Entgelte für die Netznutzung – was sich unweigerlich beim Strompreis der Regionen bemerkbar macht. Dabei gilt, je dünner ein Gebiet besiedelt ist, desto höher die Strompreise. Schlicht weg, weil ja trotzdem die ganze Fläche abgedeckt werden muss, die Kosten dafür sich aber auf weniger Haushalte verteilen. Umgekehrt werden demnach dicht besiedelte Gegenden mit geringeren Preisen pro Haushalt verrechnet. Folglich war die östlichen Bundesländer frustriert und wetterten gegen diese Regelung. Strom solle für alle Nutzer das Gleiche kosten. Und so könnte es wohl nun auch tatsächlich geschehen.

 

Das Netzentgelt-Modernisierungsgesetz (NEMoG)

Die Bundesregierung nimmt sich der Problematik jetzt beinah im Eiltempo an – womöglich wegen der bevorstehenden Wahlen… Noch im Frühjahr hatte der damalige Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel eben wegen der NRW-Wahlen das Thema nach zunächst eigener Initiative und Vorantreiben doch wieder vom Tisch gefegt. Nun holt es seine Nachfolgerin Brigitte Zypries erneut aus der Versenkung. Der Gesetzesbeschluss vom 30.06.2017 hat den Entwurf zur Modernisierung der Nutzentgeltstruktur unverändert angenommen. In Nordrhein-Westfalen fürchtet man daher wohl zurecht, die geplante Reform könne zu Lasten der ansässigen Wirtschaft gehen.

„Wir wehren uns nicht gegen eine gerechte Verteilung der Energiewende-Lasten. Aber quasi in letzter Sekunde ein Gesetz mit so weitreichenden negativen Auswirkungen für das größte Bundesland durchzuboxen, kommt einer Degradierung des Wirtschaftsstandortes gleich.“ so Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der IHK Mittlerer Niederrhein.

Die Industrie- und Handelkammern in NRW schätzen, dass rund 500 Millionen Euro im Jahr zusätzlich für die Verbraucher anfallen werden – überwiegend für industrielle Unternehmen, die in NRW rund 40 % des gesamten Industriestroms Deutschlands verbrauchen. Ein deutlicher Standortnachteil, so die besorgten Kammern. Daher wollen sie sich nun gemeinsam stark machen und fordern, die Reform noch vor den Bundestagswahlen zurück zu stellen. Stattdessen sollen sie erst im Zuge der nächsten Regierung im Gesamtpaket mit der Energiewende angegangen werden. Man könnte meinen NRW will auf den Zug der aufspringen „Hat noch Zeit“.

Doch bereits eine Woche nach dem Bundestag billigte der Bundesrat das Gesetz. Ziel ist es, bis 2023 besagte Netzentgelte etappenweise auf ein bundesweit einheitliches Niveau zu bringen.

 

Ökostrom, Netzausbau & Ungerechtigkeiten

Die Höhe der Nutzentgelte, die die Übertragungsnetz-Betreiber festlegen, hängt unter anderem mit der regionalen Einspeisung von Ökostrom ab. Dieser ist bislang noch nicht schwankungsstabil und muss entsprechend ausgeglichen werden. Auch die Übertragungsnetze selbst benötigen noch Förderungen. Teilweise sind die Netzstrukturen nicht ausreichend ausgebaut. Und so klagt der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Andres Pinkwart (FDP), dass man nach dem Netzausbau im eigenen Bundesland nun auch noch den in anderen Regionen bezahlen müsse. Eine Ungerechtigkeit! So sahen es halt auch bislang die ost- und norddeutschen Bundesländer, die jetzt auf etwas Gleichverteilung hoffen dürfen. Es bleibt jedoch zweifelhaft, ob die neuen Bundesländer tatsächlich sparen können, oder die alten einfach nur mehr bezahlen müssen, um die Strompreise anzupassen.

Bilder: © Francis McLloyd (Wikipedia)

 

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