BVG-Urteil aus Karlsruhe: AKW-Betreiber haben Anspruch auf Entschädigung

Rund sechs Jahre nach dem Beschluss zum Atomausstieg gibt es nun für zwei der vier deutschen AKW-Betreiber einen Trostpreis, weil sie ihre Anlagen abschalten sollen und somit Einnahmeverluste hinnehmen müssen. Das BVG-Urteil aus Karlsruhe sprach heute den klagenden Konzernen E.on, RWE und Vattenfall einen Anspruch auf Entschädigung zu. Allerdings rechnen die Energiekonzerne auch nach dem Urteilsspruch nicht mit milliardenschweren Rückzahlungen.

Vom Bundesverfassungsgericht wurde heute ein Urteil zum Ausstieg aus der Atomenergie und zur Verteilung der Kosten zwischen Staat und Energiekonzernen gesprochen. Nach dem BVG-Urteil aus Karlsruhe haben die AKW-Betreiber Anspruch auf Entschädigung. Wie viel Geld am Ende tatsächlich fließt, ist mit diesem Urteil aber noch nicht geklärt. Schätzungen zufolge könnte es um insgesamt 19 Milliarden gegangen sein, von denen wohl allerdings nur ein kleiner Teil am Ende wirklich an die Kraftwerksbetreiber gehen wird.

Grundsätzlich steht den Energieriesen wegen des beschleunigten Atomausstiegs nach der Katastrophe von Fukushima eine „angemessene“ Entschädigung zu, was das Bundesverfassungsgericht nach Klagen von Eon, RWE und Vattenfall feststellte. Es wurde aber nur das Ob geklärt und nicht das Wie-viel. Die Entschädigungshöhe muss nun außergerichtlich oder in neuen Prozessen geklärt werden. Die Richter standen der Bundesregierung aber in einem entscheidenden Punkt auch zu, rechtmäßig gehandelt zu haben: Sie werteten den 2011 beschlossenen Ausstieg aus der Atomkraft im Wesentlichen als zumutbar.

Das Gericht sah es allerdings als nicht mit dem Grundgesetz vereinbar an, dass man den Konzernen keine Entschädigung für ihre getätigten Investitionen in die Anlagen zukommen lässt. Auch die „Eigentumsgarantie“ noch nicht verbrauchter Stromerzeugungskontingente, die den Unternehmen beim Ausstieg von 2002 gesetzlich zugebilligt worden waren, sah das Gericht durch den beschleunigten Atomausstieg im Jahr 2011 als verletzt an. Deshalb muss nun der Gesetzgeber diese Frage bis spätestens zum 30.06.2018 neu regeln. Die Entschädigungen für die Investitionen dürfen allerdings nur für die Zeiten, als der Atomausstieg für sieben Monate ausgesetzt war (2010 bis 2011), geltend gemacht werden.

RWE und Vattenfall profitieren von dem Urteil und nach der Verkündung rückten die Aktienkurse von RWE und E.On wieder stark ins Plus. Für die Verfassungshüter sind als Entschädigung sowohl Ausgleichszahlungen als auch entsprechende Laufzeitverlängerungen für die Kraftwerke oder der Verkauf der Reststrommengen an andere Unternehmen denkbar. E.on geht nach dem jetzigen Beschluss leer aus, weil der Konzern seine 2002 zugebilligten Reststrommengen für betroffene Atomkraftwerke auf seine anderen Anlagen umverteilen kann. Gleiches gilt auch für den vierten deutschen AKW-Betreiber EnBW, der sich gar nicht erst der Klage angeschlossen hatte.

Die Konzerne selbst rechnen nun allerdings nur mit einer vergleichsweise bescheidenen Kompensation. Eine RWE-Sprecherin sagte heute laut der Süddeutschen Zeitung in Karlsruhe: „Wir gehen nicht davon aus, dass hier Entschädigungen in Milliardenhöhe erfolgen werden.“ Auch Staatssekretär Jochen Flasbarth vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit sagte: „Milliardenforderungen sind definitiv vom Tisch. Der Atomausstieg in Deutschland hat Bestand.“ Der Grünen-Fraktionsvize im Bundestag, Oliver Krischer, begrüßte, dass das Gericht die gesunkene Akzeptanz gegenüber der Atomkraft in der Bevölkerung „als relevantes Kriterium für die Politik“ anerkannt habe.

Bilder: © Alexander von Halem, Flickr

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